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Besprechungen
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Arnold Böcklin Eine Retrospektive 14. Februar - 26. Mai 2002
Ruhe auf der Flucht nach Ägypten, 1868 Arnold Böcklin (Basel 1827-Fiesole 1901) zählt zu den bedeutendsten Malern des 19. Jahrhunderts. Hundert Jahre nach seinem Tod und über zwanzig Jahre nach der letzten grossen Einzelausstellung widmet ihm das Kunstmuseum Basel eine Retrospektive der Gemälde. In exemplarischer Auswahl von 90 Bildern aus grossen öffentlichen und privaten Sammlungen zeichnet sie Böcklins Entwicklung von der Spätromantik zum Symbolismus. Im Mittelpunkt des heutigen Interesses stehen dabei seine eigenwilligen Bilderfindungen, die zugleich faszinieren und irritieren. Verschiedene Fassungen eines Themas verdeutlichen das Ringen um die überzeugende Gestaltung seiner Visionen. Die Toteninsel, 1883 Böcklin führte ein unstetes Leben. Nach der Jugend in Basel
und dem Studium bei Schirmer an der Düsseldorfer Akademie,
waren die wichtigsten Stationen, an die ihn seit 1853 seine Frau
Angela, eine Römerin, mit der ständig wachsenden Familie begleitete: die Vaterstadt, Rom, München, Weimar, Florenz,
Zürich und San Domenico, nahe Fiesole.
Ausgehend von der reinen Landschaft, die Böcklin in der Natur,
zunächst in der Schweiz, seit 1850 in der römischen Campagna
studiert, führt er allmählich in seine Motive antike
Naturgottheiten ein. Nymphen, lüsterne Satyrn, schlafende,
spukende Pane erscheinen im Unterholz hoher Bäume und
verkörpern die einsame Stimmung dieser Orte. Dass Ludwig I.
1859 für die Neue Pinakothek in München das Gemälde Pan im
Schilf, erwirbt, bringt Böcklin erstmals durchschlagenden Erfolg
und eine Berufung an die Weimarer Akademie. Während ihn
nun in der Porträtmalerei, meist Auftragsarbeiten,
venezianische Vorbilder beeinflussen, gewinnen die Figuren
hinfort stark an Bedeutung. 1862 wieder in Rom, wird die
Begegnung mit der pompejanischen Malerei zu einem
grundlegenden Erlebnis; sie regt Böcklin u.a. zu maltechnischen
Versuchen an, zu einer Aufhellung der Palette und einer neuen
Freiheit in den Ausdrucksmitteln. Bald nehmen die eigenen und
eigenwilligen Bilderfindungen zu. Schon früher hatte Böcklin ein
Thema variiert; bei der Villa am Meer (1. und 2. Fassung
1864/65, weitere 1877/78) bettet er das Sehnsuchtsmotiv in
unterschiedliche Naturstimmungen ein. Nach unliebsamen Erfahrungen mit seinen Fresken im Alten Museum in Basel,
wechselt Böcklin 1871 abermals nach München. Hier vollendet
er den Kentaurenkampf (1872/73): auf geniale Weise prägt er
unter dem Eindruck des Deutsch-Französischen Krieges die Odysseus und Kalypso, 1882 Seit den 70er Jahren fand Böcklin zu reineren Buntfarben und
durchsichtig klarer Formgebung. In Kompositionen von
märchenhafter Dichte lässt er seine musizierenden Gestalten -
geschmückte Pane, schön gekleidete Mädchen, hauchzart umschleierte Frauen, den Frühling entdecken, den Abend
geniessen, den Herbst betrauern. Er vereint auf der Lebensinsel
(1888) die Geschlechter und in Vita somnium breve (1888) die
Lebensalter. Auf einem der sechs Selbstbildnisse, die die Ausstellung vereint, hatte sich der Maler 1872 in der Basler
Totentanztradition mit fiedelndem Tod porträtiert. Als
schrecklichen Herrn der Pest stellt er ihn 1898 dar und in
seinem letzten, 1900 vollendeten Bild, schaut die Melancholie
einen schwarzen Spiegel. Flora (Bekränztes Mädchen), 1875, FT 08.04.02 Maler der mythischen Motive Arnold-Böcklin-Ausstellung in der Neuen Pinakothek in München von F. J. Bröder Ein "Bild zum Träumen" hatte die junge Witwe in Auftrag gegeben - und der Künstler malte eine traumverlorene Insel mitten im Meer. Wenig später fügte der Maler seinem Gemälde einen Nachen mit einem Fährmann hinzu, der auf seinem Kahn einen Sarg und eine stehende Figur in weißem Gewand in eine dunkle Bucht der Insel rudert. "Die Stille", wie Arnold Böcklin sein Bild zunächst benannt hatte, titelte er dann in "Die Toteninsel" um und malte zwischen 1880 und 1886 vier weitere Fassungen des Bildes, die - in ihrer Qualität ziemlich gleichwertig - alle weltberühmt wurden. Es kommt einer kleinen kunsthistorischen Sensation gleich, wenn jetzt zum ersten Mal drei Versionen des Motivs der "Toteninsel" in einem Raum zusammen hängen, was die große Böcklin-Ausstellung in der Neuen Pinakothek in München (zum 100. Todestag des Künstlers im vorigen Jahr) möglich macht: Sie versammelt die "Toteninsel" der Berliner Nationalgalerie, des Basler Kunstmuseums und des Museums der Bildenden Künste in Leipzig. Eine vierte Fassung ging verloren, eine weitere hängt unausleihbar im Metropolitan Museum New York. Als Arnold Böcklin (1827 in Basel geboren, 1901 in Fiesole gestorben) seine mittlerweile längst zur Ikone einer todessüchtigen Dekadenz verkommene "Toteninsel" malte, war er - nach jahrelanger Erfolglosigkeit - bereits zum arrivierten Künstler des späten Großbürgertums geworden. Durchbruch in der Münchner Zeit Er verkehrte in seiner Münchner Zeit, die für ihn den Durchbruch gebracht hatte, mit anerkannten Kunstgrößen seiner Zeit wie Franz von Lenbach, Anselm Feuerbach und Hans von Marees und dem einflussreichen Kunstsammler Adolph Friedrich von Schack, der Böcklins Bilder fast unbesehen kaufte, weswegen die Schack-Galerie in München heute den drittgrößten Bestand an Bildern Böcklins ihr eigen nennt. Trotz seiner Vorliebe für den Süden, die Arnold Böcklin immer wieder zu längeren Aufenthalten nach Italien, dabei vor allem nach Rom und Florenz, führten und ihm die bildbestimmende Ikonographie antiker Mythen nahebrachte, sind die Bilder seiner Glanzzeit von gedankenvoller Schwere und Melancholie. Als ob ein dunkler Schatten über den phantastisch-heroischen Landschaften läge, malt er auch südliche Motive in düsterem Moll: die verschiedenen Fassungen der "Villa am Meer", den "Heiligen Hain", die Faune und Satyrn, Kentauren und Nymphen, die sich im Waldesdickicht, in Felsenschluchten, im Schilf und in dunklen Meereswellen tummeln oder - wie "Triton und Nereide" - lasziv auf Klippen lagern. Mit Burgruinen und nächtlichen Szenerien greift Böcklin auf die Romantik zurück oder nimmt mit Herbst- und Frühlingslandschaften den Jugendstil vorweg. Bis zum Kitsch gesteigert malt er 1888, gleichsam als Replik seiner "Toteninsel", eine "Lebensinsel" - mit holden Schwänen, nackten Nymphen und reigenden Mädchen in bunten Schleiern. Und wird doch mit der überbordender Allegorik seiner mythischen Imaginationen, den bedeutungsschweren Symbolismen seiner Phantasiewelten zum Urvater eines transzendentalen Realismus, den auf seinen Spuren Giorgio de Chirico und Max Ernst ein paar jahre später in die Surrealität ihrer Bildwelten zurückholen und damit Böcklin zu einem Vorbereiter des Surrealismus machen. Womit Arnold Böcklin zum Mittler zwischen Romantik und Moderne wird, zum Maler der Mythen, die den Mythos der Moderne begründen. Welt am Sonntag, 13. Mai Den Tod feiern Von Wolf Jahn Sein berühmtestes Bild war eine Erfindung.
Kein Vorbild lieferte dem Schweizer Künstler
Arnold Böcklin (1827 - 1901) das Material
zur "Toteninsel", in dem eine wie Rasch fand "Die Toteninsel" Verbreitung: auf Drucken, als Vorlage für Karikaturen oder für Postkarten, die Soldaten des Ersten Weltkriegs nach Hause verschickten. Künstler wie Max Ernst oder Komponisten wie Rachmaninow übernahmen Motiv oder Titel. Das Bild fügte sich idealiter in die pessimistische Zeitstimmung des Bürgertums, in der das Abendland unterzugehen drohte und die Entzauberung der Welt unaufhaltsam schien. "Die Toteninsel", ursprünglich durch eine Auftragsarbeit der jungen Witwe Marie Berna angeregt - ihr Wunsch: ein Bild zum Träumen -, malte Böcklin in fünf Fassungen. Die dritte davon besaß Adolf Hitler, der sie in der Reichskanzlei aufbewahrte und noch weitere Werke des Schweizers sein Eigen nannte. Aber Hat er ihn verstanden, diesen zivilisationsmüden, aber doch mit viel Biss und Nur zu leicht konnte Böcklin missverstanden werden, etwa als Künstler, dessen Böcklin hat sich systematisch den Kunsttrends seiner Zeit verweigert, weder Der Katalog zur Ausstellung "Arnold Böcklin - eine Retrospektive" im
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